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Arbeiterbewegung von rechts? Soziale Sicherheit durch Ausschluss und Abwertung Anderer?

  • Club Voltaire Haaggasse 26b 72074 Tübingen Germany (map)

Derzeit  lässt sich in zahlreichen frühindustrialisierten Ländern ein Aufstieg  rechtspopulistischer Formationen beobachten. Rechtspopulistische  Parteien rekrutieren  ihre Wähler*innen grundsätzlich aus allen Klassen und Schichten der  Bevölkerung. Auffällig ist jedoch, dass sie bei Arbeiter*innen auf  überdurchschnittliche Zustimmung stoßen. Um zu erklären, wie die hohe  Akzeptanz der völkischen Rechten unter Arbeiter*innen  – auch gewerkschaftlich organisierten – zu erklären ist und ob es sich  dabei gar um eine Arbeiterbewegung von rechts handelt, wird auf das  Konzept von Arbeiterbewegungen Marx‘schen und Polanyi‘schen Typs  zurückgegriffen.

Erstere  sind Ausdruck eines kollektiven Handelns, das auf eine Verbesserung der  Lebensverhältnisse zielt und sich gegen ungerechten  Verteilungsverhältnisse  zugunsten der oberen Klassen richtet. Ihre Voraussetzung sind  allerdings durchsetzungsfähige Akteure (Gewerkschaften, Parteien), die  eine reale Perspektive für kollektive Verbesserungen bieten können.  Arbeiterbewegungen Polanyi‘schen Typs klagen hingegen primär  den Schutz des eignen Lebensstandards vor einer diffusen Marktmacht ein  und verbinden soziale Forderung häufig mit der Abwertung anderer  Gruppen. Anders als solidarisches Klassenhandeln, kommt dieser  Bewegungstyp ohne mühsame Prozesse der gemeinsamen solidarischen  Organisation aus. Der völkische Populismus wird im Vortrag als Bewegung  Polany‘schen Typs, als eine Art imaginäre, konformistische Revolte in  Opposition weit getriebenen Marktsteuerung von Erwerbsarbeit  interpretiert.

Ausgehend  von der Analyse sollen Möglichkeiten diskutiert werden, um legitime  Forderungen nach sozialer Sicherheit mit einem nicht-ausgrenzenden,  verbindenden  Handlungsansätzen zu begegnen, die die immunisierend gegen den  völkischen Populismus wirken können.

Dr. Karina Becker  studierte Soziologie, Psychologie und Geschichte.  Sie führte zahlreiche Untersuchungen zu prekären Arbeitsformen wie  Leiharbeit durch. Seit 2016 ist sie ist wissenschaftliche  Geschäftsführerin am DFG-Kolleg Postwachstumsgesellschaften an der  Friedrich-Schiller-Universität Jena. Im Rahmen ihrer Habilitation  untersuchte sie mit einer Arbeitsgruppe an der Uni Jena weshalb  rechtspopulistische Formationen bei Arbeiterinnen und -arbeitern  überdurchschnittlichen Anklang finden und wie sich dieser autoritären  Revolte wirksam begegnen lässt.

Eine  Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg in  Kooperation mit der VVN-BdA Tübingen-Mössingen, dem Promotionskolleg  «Rechtspopulistische  Sozialpolitik und exkludierende Solidarität» und dem Club Voltaire.

Dienstag, 04.02.2020, 20:00 Uhr | Tübingen | Club Voltaire | Haaggasse 26B