Manchmal sozial, immer rassistisch: Der Rechtspopulismus und die „soziale Frage“

Nach langem Ringen will sich die AfD im Sommer 2019 endlich für ein Rentenkonzept entscheiden. Diese Entscheidung steht stellvertretend für einen breiteren Konflikt zwischen den marktradikalen Positionen von Jörg Meuthen und Alice Weidel auf der einen und den wohlfahrtschauvinistischen Positionen des völkischen Flügels auf der anderen Seite. In diesem Blogbeitrag geht es darum, diesen Konflikt im nationalen, internationalen und historischen Kontext zu erläutern und seine Relevanz abzuschätzen. Der Text basiert auf dem gekürzten und überarbeiteten Manuskript eines bei der Tagung „Von der Großstadtfeindschaft zum Nazikiez? Anti-/urbane Kontexte des autoritären Populismus“ in Leipzig gehaltenen Vortrag

1. Ein dritter großer Machtkampf in der AfD?

Die AfD hat in ihrer relativ kurzen Geschichte nicht nur andauernde Querelen in allen Bereichen, sondern auch bereits zwei große Machtkämpfe auf der Führungsebene durchlebt.

Der erste, der Ende 2014 und Anfang 2015 ausgetragen wurde, war zugleich ein Richtungskampf. Hier standen sich die Ordoliberalen um Parteigründer Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel auf der einen und die Nationalkonservativen und Völkischen um Alexander Gauland und Björn Höcke auf der anderen Seite gegenüber, wobei Frauke Petry ein wohl eher machtstrategisch als inhaltlich begründetes Bündnis mit letzteren einging. Für Lucke und Co. stand die währungs- und wirtschaftspolitische Agenda im Mittelpunkt; die Hetze gegen Minderheiten war ihnen keine Herzensangelegenheit, sondern nur ein Mittel zum Zweck, um mehr Wähler_innen zu finden, als man dies mit einem rein wirtschaftspolitischen Programm könnte. Für die letztlich siegreiche Gegenseite galt das Umgekehrte: Sie waren wirtschaftspolitische relativ uneinheitlich aufgestellt, standen aber für eine radikale nativistische Ablehnung von Immigration sowie einen starken Wertkonservatismus und Autoritarismus in gesellschaftspolitischen Fragen. Seit dem Sieg dieser Kräfte ist die Partei entsprechend deutlich nationalkonservativ und völkisch dominiert, in wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen aber eher unprofiliert. Zwar findet sich im anschließend beschlossenen Grundsatzprogramm im Kern noch die alte eurokritische Agenda, aber für das öffentliche Auftreten der Partei spielte dies im Folgenden kaum noch eine Rolle – und Teile der Partei vertraten auch schon öffentlich andere Positionen.

Zwei Jahre später kam es zum nächsten Machtkampf an der AfD-Spitze, wobei sich die Linien deutlich weiter nach rechts verschoben hatten und von einem wirklichen Richtungskampf keine Rede mehr sein konnte. Nun stand eine relativ isolierte und inhaltlich wenig profilierte Frauke Petry mit der Forderung nach „Realpolitik“ und der Exklusion des völkischen Flügels gegen eine radikal rechte Mehrheit, die die völkischen Kräfte in all ihrer Radikalität in der Partei halten wollte – auch diesen Kampf gewannen die Rechteren der Rechten.

Aktuell schwelt unter der Oberfläche ein Konflikt, der sich womöglich zu einem dritten großen Machtkampf auswachsen könnte. Dabei geht es um die nach dem ersten Kräftemessen an den Rand gedrängten wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen, die mit veränderten Vorzeichen in den Mittelpunkt rücken könnten. Nun stehen diejenigen, die vom eher wirtschaftsliberal orientierten Teil noch übriggeblieben sind, auf der einen Seite, der mittlerweile deutlich stärkere völkische Flügel auf der anderen. Dieses Mal geht es eben nicht um Migration und Rassismus. Diese Kämpfe sind entschieden und es ist relativ klar, dass es hier für die AfD kein „zu weit rechts“, sondern allenfalls ein „zu offen als neonazistisch angreifbar“ gibt, was sich auch im Rahmen der Debatten um die Verhinderung einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz nicht wesentlich geändert hat. Stattdessen geht es im schwelenden Streit um die wirtschafts- und sozialpolitische Positionierung, also insbesondere um das Verhältnis der Partei zum Wohlfahrtsstaat als einer Institution, die die Einzelnen und insbesondere die wirtschaftlich Schwachen gegen die Wechselfälle des Marktes und des Lebens absichert.

Während die verbleibenden wirtschaftsliberalen Kräfte ganz im Sinne der Parteigründer_innen marktradikale Politiken befürworten, bezieht insbesondere der völkische Flügel eine wohlfahrtschauvinistische Position, in der der Wohlfahrtsstaat für Deutsche erhalten oder ausgebaut werden, aber exkludierend gestaltet werden soll.

2. Einig nur im Ausschluss der Anderen: Die AfD und die Rentenpolitik

Dieser Konflikt wird insbesondere im vertagten Streit um das Rentenkonzept der Partei deutlich. Über diese Frage sollte eigentlich im Sommer 2018 auf dem Parteitag in Augsburg entschieden werden, sie wurde dann aber mehrfach vertagt. Zunächst hieß es, eine Entscheidung solle noch vor den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen fallen; nun wird als Termin Bundesparteitag Mitte September genannt, der zwischen den Landtagswahlen liegt.

Im Raum standen Mitte 2018 zunächst zwei Vorschläge: Der eine kam vom AfD-Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier aus dem Landesverband Baden-Württemberg, der wie Alice Weidel und Jörg Meuthen zu den Resten der eher wirtschaftsliberal ausgerichteten Kräfte in der Partei zählt. Der Gegenvorschlag – und das bislang ausführlichste Konzept – stammte ebenfalls von einem Bundestagsabgeordneten, nämlich von Jürgen Pohl aus den Thüringer Landesverband, also aus dem völkischen Flügel um Björn Höcke.

In mancher Hinsicht sind die Positionen direkt gegensätzlich: Das Modell von Frohnmaier ist deutlich marktradikal ausgerichtet. Es sieht einen Übergang vom umlagefinanzierten System der gesetzlichen Rentenversicherung zu einem individualisierten und hauptsächlich kapitalertragsfinanzierten System vor. Der Staat wird aus der Pflicht genommen und soll nur noch eine minimale Grundsicherung zahlen. Für alles weitere müssen die Einzelnen sich individuell versichern.

Der Vorschlag von Pohl, den neben Höcke auch Gauland unterstützt, sieht im Gegenteil gerade eine Stärkung der Leistungsansprüche der Einzelnen an den Staat vor. Das Rentenniveau soll weitaus länger gegen Minderungen abgesichert werden, als die SPD sich das zu fordern traut. Zudem sollen Deutsche, die mehr als 35 Jahre eingezahlt haben und weniger als 1500 Euro Rente erhalten, automatisch Anspruch auf eine Aufstockung haben. Pohl und Höcke machen keinen Hehl daraus, dass sie mit diesem Konzept insbesondere auf Ostdeutschland zielen, wo damit Altersarmut verhindert werden soll.

Gleichwohl haben die Rentenkonzepte zwei markante Ähnlichkeiten. Zum einen sehen beide auf je unterschiedliche Weise eine Besserstellung von Eltern vor – je mehr Kinder jemand hat, desto größer wird der Rentenanspruch. Zum anderen beinhalten beide Konzepte eine dezidierte Bevorzugung von deutschen Staatsangehörigen gegenüber Beitragszahler_innen ohne deutschen Pass. Zusammen stehen beide für den unumstrittenen Markenkern des Rechtspopulismus im Allgemeinen und der AfD im Besonderen: Für die in letzter Konsequenz immer rassistische Exklusion von als „fremd“ stigmatisierten Personen und für einen gesellschaftspolitischen Konservatismus, der sich unter anderem als Familialismus ausdrückt. Der Wohlfahrtsstaat ist hier auch ein Instrument zur Durchsetzung von wertkonservativer Familienpolitik – und die wertkonservative Familienpolitik soll zugleich den Sozialstaat durch Kinderreichtum langfristig sichern.

Seit Herbst 2018 kamen noch weitere Vorschläge hinzu: einer von Jörg Meuthen selbst, der ebenfalls marktradikal eine sukzessive Abschaffung der umlagefinanzierten Rente vorzieht, aber anders als der von Frohnmaier auf eine Diskriminierung von Beitragszahler_innen ohne Staatsbürgerschaft verzichten möchte; hinzu kommen Vorschläge aus Brandenburg und Rheinland-Pfalz – der ausführlichste Überblick des aktuellen Stands findet sich im Blick nach rechts.

Die Kräfteverhältnisse in der Partei lassen vermuten, dass die wirtschaftsliberalen Modelle keine Chance gegen das wohlfahrtschauvistisch-völkische Modell haben werden, wenn es auf eine Entscheidung zwischen den beiden extremen Variaten hinausläuft. Dies gilt, auch wenn Höckes taktisches Manöver, eine Entscheidung noch vor den Landtagswahlen in Ostdeutchland zu erzwingen, was die Chancen für das von ihm unterstützte, eher auf Ostdeutschland zugeschnittene Konzept verbessert hätte, nicht erfolgreich war. Während ein Konsens kaum möglich sein dürfte, ist eine Kompromiss- oder Scheinlösung denkbar – schließlich kam die Partei bisher auch ohne ein Rentenkonzept aus. Entsprechend wird aktuell im Hintergrund an einer Kompromissfindung gearbeitet. Auch ist denkbar, dass Meuthen, Weidel und Co. einem aussichtslos scheinenden Machtkampf ausweichen, indem sie ihre inhaltlichen Positionen schlichtweg aufgeben, um ihre Machtpositionen zu erhalten. Ob die Partei durch eine Aufgabe ihrer wirtschaftsliberalen Positionen zugunsten eines etatistischen Wohlfahrtschauvinismus bestimmte Wähler_innengruppen oder Großspender_innen verprellen würde, ist unklar. Ebenso unklar ist, ob damit tatsächlich neue Wähler_innengruppen erschlossen werden könnten oder ob sich die potenziellen AfD-Wähler_innen nicht ohnehin primär für die bisherigen Schwerpunkte in der Migrationspolitik interessieren.

3. Die Diversität rechtspopulistischer Sozialpolitiken

Sollte sich wie in den beiden vorangehenden Konflikten der völkische Flügel durchsetzen, würde die AfD einen Weg einschlagen, den andere Parteien der populistischen Rechten bereits gegangen sind. Dies gilt besonders für den mittlerweile in Rassemblement National umbenannten ehemaligen Front National in Frankreich. Über das wirtschafts- und sozialpolitische Programm, mit dem Marine le Pen in den Präsidentschaftswahlkampf 2017 zog, hieß es, es lese sich wie das der kommunistischen Partei: Gefordert wurden Steuererhöhungen für Reiche und Unternehmen, die Teilverstaatlichung von Banken, die Erhöhung des Mindestlohns, eine Preiskontrolle, ein Ausbau des öffentlichen Dienstes und eine Einschränkung der Macht von Finanzmärkten.

Man könnte die sozial- und wirtschaftspolitischen Programme rechtspopulistischer Parteien in Europa auf einem Spektrum darstellen, an dessen einem Ende eben dieses Programm des FN bei der Präsidentschaftswahl angesiedelt wäre und in der Nähe von dessen anderem Ende das ursprüngliche Programm der alten Lucke-AfD. Die restlichen Parteien lägen relativ weit verstreut über dieses Spektrum. Eine vergleichende Analyse der diversen Positionen findet sich in einem Paper von Simon Otjes, Gilles Ivaldi, Anders Ravik Jupskås und Oscar Mazzoleni, eine andere hat Joachim Becker für die Arbeiterkammer Wien erstellt.

Dabei gilt jedoch relativ allgemein, was oben über die Rentenkonzepte der AfD gesagt wurde: Auch wenn zwischen und in den rechtspopulistischen Parteien Dissens über die wirtschaftliche Rolle des Staates im Allgemeinen und über den Sozialstaat im Besonderen besteht, so herrscht doch Einigkeit darüber, dass das „eigene Volk“ privilegiert werden soll – mal wohlfahrtschauvinistisch mal wirtschaftsliberal.

Auffällig ist die große Flexibilität, die rechte Parteien in sozial- und wirtschaftspolitischen Fragen zeigen: Obwohl sich die FPÖ in Österreich über Jahre hinweg als „soziale Heimatpartei“ vermarktete, folgten nach dem Antritt der Koalitionsregierung unter ihrer Beteiligung unmittelbar neoliberale Reformpolitiken. Diese wurden wohl eher vom Koalitionspartner Liste Sebastian Kurz forciert, aber die FPÖ leistete keinen nennenswerten Widerstand. Umgekehrt vertrat die Lega Nord in Italien bis zuletzt offiziell eine marktradikale Programmatik. Nachdem die gemeinsame Regierung mit dem Movimento 5 Stelle an die Macht kam, zögerte man aber nicht, einen defizitfinanzierten Ausbau des Wohlfahrtsstaates (bei gleichzeitigen Steuererleichterungen) zu beschließen. In beiden Fällen konnten die rechten Parteien aber ihre migrationspolitische Abschottungsagenda umsetzen – ein Hinweis darauf, dass dies für die Parteien Priorität hat.

4. Die kurze Tradition neoliberaler Rechtspopulismen

Wäre eine Rechtspopulismusforscherin in den frühen 1990ern eingeschlafen und erst heute wieder aufgewacht, müsste sie über diese Diversität überrascht sein. Denn ihrerzeit war die Programmatik rechtspopulistischer Parteien durch drei Punkte gekennzeichnet:

1.      die marktradikale Ablehnung von Steuer- und Wohlfahrtsstaatlichkeit

2.      die nativistische Ablehnung von Immigration (oder die Reduktion auf wirtschaftlich nützliche Immigration)

3.      Autoritarismus in gesellschaftspolitischen Fragen

Diese Kombination bezeichnete Herbert Kitschelt in den 1990er Jahren als die „Winning Formula“ des Rechtspopulismus. Am weitesten ging der wirtschafts- und sozialpolitische Antietatismus – von einigen Libertären in den USA abgesehen – sicherlich bei den dänischen und der norwegischen Fortschrittsparteien. Beide wurden fast ausschließlich als Anti-Steuer-Parteien gegründet. Die soziale Basis des marktradikal, immigrationsfeindlich und wertkonservativ ausgerichteten Rechtspopulismus war in konservativ-„kleinbürgerlichen“ Milieus zu verorten – ganz so, wie es sich gängige linke Faschismustheorine vorstellten.

Diese Art von rechten Parteien macht es ihren linken Gegner_innen relativ leicht, weil diese sich einfach auf allen Ebenen gegen den Rechtspopulismus stellen können. Die Wähler_innen dieser Parteien müsste man aus einer linken Perspektive zum einen Teil ohnehin eher als politischen Gegner_innen betrachten. Die immer schon gegebene Unterstützung rechter Parteien durch Arbeiter_innen und andere subalterne Klassen könnte man dagegen als bedauerliches, aber überwindbares falsches Bewusstsein sehen – schließlich könnte man den Arbeiter_innen vorrechnen, dass sie gegen die eigenen Interessen wählen.

So einfach wäre bei dem neuen, wohlfahrtschauvinistischen Rechtspopulismus freilich nicht mehr, weil dieser den als Teil des „eigenen Volkes“ definierten ökonomisch Benachteiligten auch ökonomische Besserung verspricht.

5. Die lange Tradition der sozialpolitisch orientierten Rechten

Blickt man dagegen nicht nur auf die jüngere Geschichte der populistischen Rechten in Europa, sondern auf die Geschichte der europäischen Rechten insgesamt, ist es keineswegs überraschend, dass die Programme einiger rechter Parteien einen wirtschafts- und sozialpolitisch starken Staat vorsehen.

Die Frühgeschichte der europäischen Rechten ist im Konservatismus der Gegenaufklärung und der Restauration nach der Französischen Revolution zu suchen. Und hier war es gerade nicht so, dass rechte Konservative für den freien Markt und gegen linke Forderungen nach einem wirtschafts- und sozialpolitischen aktiven Staat gestritten hätten. Vielmehr ging es diesen Konservativen darum, eine traditionelle Ordnung gegen Liberalismus und Moderne zu verteidigen. Die klassischen Befürworter_innen des freien Marktes waren gerade keine gegenaufklärerischen Konservativen, sondern aufgeklärte Liberale. Entsprechend gibt es eine vielfältige Tradition des europäischen Sozialkonservatismus, die gerade nicht auf den freien Markt, sondern auf staatliche Fürsorge setzte – zum Beispiel in Form der katholischen Soziallehre. Man kann diesen sozialen Konservatismus mit guten Gründen von linken Positionen abgrenzen, aber er steht eben doch auch bis heute gegen Marktradikalismus. 

Aber auch wenn man ins 20. Jahrhundert und noch weiter nach rechts schaut, findet man entsprechende Strömungen. So zielte die nationalsozialistische Wirtschafts- und Soziapolitik gerade nicht auf einen schlanken Staat und Laissez-Faire-Kapitalismus. Innerhalb der NSDAP gab es in den 1920ern einen starken „sozialrevolutionären“ Flügel um Gregor Strasser. Dieser verstand die NSDAP tatsächlich als Arbeiterpartei und befürwortete neben einer Verstaatlichung von Banken und Industrie auch die entschädigungslose Enteignung von Fürstenhäusern – in Opposition zu Hitler. Freilich wurde dieser Flügel 1932 von der Parteirechten um Göbbels ausgeschaltet und Strasser 1934 von der SS ermordet. Entsprechend mussten als „arisch“ bestimmte Kapitaleigner, die sich kooperationswillig zeigten, weder um ihr Eigentum noch um ihre Profitrate fürchten. Im Gegenteil: Sie profitierten massiv vom nationalsozialistischen Boom.

Aber auch das heißt nicht, dass der Nationalsozialismus auf radikale Freiheit des Marktes ohne Rücksichtnahme auf die lohnabhängigen Klassen gesetzt hätte. Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik war vielmehr eine Art militaristischer Rechtskeynesianismus, von dem die ganze „Volksgemeinschaft“ profitieren sollte, während als „unproduktiv“ oder „unwert“ stigmatisierte Bevölkerungsgruppen versklavt und ermordet wurden.

Neonazis und rechtsextreme Parteien knüpfen schon lange an diese Tradition. So bezeichnet sich die NPD bis heute – im selben Wortlaut wie die FPÖ – als „Die soziale Heimatpartei“ und bezieht sich positiv auf die Volksgemeinschaftsideologie.

Vor dem Hintergrund dieser Traditionen von konservativer, faschistischer und neonazistischer Sozialpolitik sollte es nicht überraschen, dass auch heutige Parteien der populistischen Rechten sich offensiv sozialpolitisch aufstellen.

6. Offene Fragen

Eine Reihe von Fragen bleibt offen: Unter welchen Bedingungen und aus welchen Ursachen stellen sich rechtspopulistische Parteien eher marktradikal oder eher wohlfahrtschauvinistisch auf? Kann der renten- und sozialpolitische Konflikt die AfD vor eine ernsthafte Zerreißprobe stellen oder ist der Wirtschaftsliberalismus für die Partei ohnehin schon bedeutungslos geworden? Ist die wirtschafts- und sozialpolitische Aufstellung für die Wähler_innen und somit für den Erfolg der Parteien überhaupt relevant oder interessieren sich nur linke Sozialwissenschaftler_innen für solche Fragen? Und wenn Wirtschafts- und Sozialpolitik für erstere tatsächlich relevant sein sollten, mit welchen Gegenstrategien könnte man die entsprechenden Bevölkerungsgruppen ansprechen?